Neben dem in sich ruhenden Buddha nicken zwei niedliche japanische Glückskatzen auf dem Armaturenbrett. Wir sind auf dem Weg zum Flughafen Tan-Son-Nhat von Ho-Chi-Minh-Stadt. Kurz vor Sonnenuntergang ist es soweit und mit 20-minütiger Verspätung starten wir unsere Heimreise: Erstes Zwischenziel Bangkok.
Ich schließe die Augen und lasse die Bilder der vergangenen Wochen noch einmal an mir vorüberziehen. Landschaften, Gebäude, Begegnungen und viele Gesichter, alte und junge, vom Wetter und Sorgen gegerbt, energiegeladen und gelegentlich glatt gebügelt. Fotografieren nur mit gegenseitiger Einwilligung, aber niemals gegen Bares. Manches hat sich verändert, einiges ist beim Alten geblieben.
Ich dachte immer, Bangkok sei die erste Adresse für preiswerte Schönheitskorrekturen. Doch was uns allein in den letzten Tagen in Saigon an jungen Asiatinnen mit aufgepumpten Schlauchbootlippen und frisch operierten Nasen und Entenschnäbeln begegnet ist, spricht eine andere Sprache. „Buy one, get one free“ wirbt eine Schönheitsklinik bereits im Wartebereich am Flughafen von Bangkok. Bei früheren Reisen durch Südostasien hat uns das Bestreben amüsiert, das Gesicht mithilfe von Whitener zu tunen und den beabsichtigten Effekt mit möglichst flächendeckender Maskierung und Sonnenbrille zu unterstützen. Ein möglichst blasser Teint war und ist noch immer das Maß aller Dinge. Heute begegnen uns freilich noch andere Gespenster: Die Visagen sollen nun gebügelt und den Charakteren beliebter Animes und Mangas ähnlich sein.
Ich sitze im Flieger nach Bangkok und in der Reihe vor mir macht eine Asiatin mehrere Selfies von sich. Zoomt hinein, vergrößert die Augenpartie, Kopf schütteln. Nein, noch ein Selfie muss her. Klick. Da ist wohl was nicht ganz nach Plan verlaufen. Auch beim Warten auf das Boarding am Gate saß eine offensichtlich frisch Operierte ein paar Reihen neben uns, bei der ein Blick ins Gesicht regelrecht körperliche Schmerzen verursachte.
Ich frage mich, was da noch auf uns zukommt, wenn die ersten Kids mit von künstlicher Intelligenz optimierten Selfies zum Schönheitschirurgen rennen. Mit ein paar Schräubchen hinter den Ohren, die noch einmal nachgezogen werden können, ist es dann nicht mehr getan.
Unversehens schießen mir die Bilder einer Schönheits-OP aus Terry Gilliams rabenschwarzer Zukunftsgroteske Brazil durch den Kopf. Was eben noch Science-Fiction war, wird heute Gegenwart. Manche Zukunftsvision würde man sich freilich gerne ersparen.
Und schon hat mich die deutsche, amerikanische. die westlich geprägte Gegenwart mit ihren Bedenkenträgern und Ewiggestrigen wieder eingefangen, zurückgeholt aus einem Urlaub vom Alltag: 33 Tage Abschalten durch Umschalten mittels Schreiben und Fotografieren., dokumentierendes Auge statt auf Stimme und Tonalität fixiertes Ohr.
Suvarnabhumi Suite Hotel
1675/1 Soi Ladkrabang
11/13 Ladkrabang Road
Ladkrabang, Bangkok 10520 Thailand