Stille Tage in Saigon

Vogelzwitschern, dumpf von der fernen Hauptstraße hupende Mopeds, Wortfetzen in französischer, englischer, russischer und holländischer Sprache, eintönig vor sich hin dudelnde Klavierakkorde: Die Geräuschkulisse in der kleinen Seitengasse fügt sich wie ein Mosaik und hat ihren eigenen Rhythmus.

Ob aus Bequemlichkeit oder mangels Alternative: Wir sitzen wie so oft in diesen Saigonner Tagen beim einfachen Frühstück im Hang Asian Kitchen. André, den wir hier schon vor ein paar Tagen trafen, geht es offensichtlich genauso. Er ist auch schon wieder da. Heute ohne Fahrrad, da er plant, mit dem Bus nach Chinatown zu fahren.

Am Nachbartisch überredet die Moskowiterin Anna sanft ihren Sohn Leo, sein Frühstück zu essen und putzt dem Fünfjährigen die Nase. Kein Wunder: bei dem ständigen Gebläse der Ventilatoren und den Klimaanlagen in den Hotelzimmern, fängt man sich schnell einen Schnupfen ein.

Eins, zwei, drei und mehr Souvenir- und Brillenverkäufer haben ihre Klapptische an der Straße abgebaut und strömen gezielt in die Gasse zu den Restaurantbesuchern. Immer wieder positionieren sie sich auffordernd neben den Tischen und versuchen unbeeindruckt von einem schnellen, eindeutigen „No, no need“ ihre Ware loszuwerden. Nein, wir haben immer noch keinen Bedarf. Auch nicht für die nachgebauten Zippo -Feuerzeuge mit den eingravierten Jahreszahlen aus dem Vietnamkrieg. Zigaretten brauchen wir ebenso wenig, das Rauchen haben wir uns schon lange vor Corona abgewöhnt.

Geruhsam plätschert der Vormittag an uns vorüber. Nach den zahlreichen neuen Eindrücken der letzten Tage tut ein wenig Alltag ganz gut, auch wenn es ein fremder ist und er gerade in eine Dauerschleife gerät. „Zahlen, bitte!“

Ich will noch einmal bei der Minh Anh Art Gallery vorbeischauen, wo nicht nur handgemalte Öl-Gemälde auf Leinwand, sondern auch auf Reispapier gedruckte vietnamesische Propaganda-Bilder verkauft werden. Die „Comrades“ der kommunistischen „Säulenheiligen „Lenin, Marx, Ho & Co., die einmütig ihre Strohhalme in zwei Milchshakes gesteckt haben, sind mir in den letzten Tagen nicht aus dem Kopf gegangen. Auch „Make Art Not War“ muss ich unbedingt für meine Sammlung haben.

Überlebensgroße Propaganda-Poster sind auch heute noch im Einsatz, haben aber viel von ihrem Witz und der damaligen Kreativität verloren. Heute blicken heroische Gestalten ernst und mit erhobener Faust von Straßenecken und Kreuzungen auf den wuseligen Verkehr. Die Mopedfahrer haben andere Sorgen, umfahren fließend und unfallfrei die stoisch, mit beherzten Schritten die Straße querenden Touristen.

Meine Aufmerksamkeit gilt längst den nächsten Eye-Catchern. Die Farbe einiger Murals zu Recycling und Klimaschutz blättert allerdings schon von der Mauer eines Schulhofs. Er gehört zur Ernst Thälmann Schule, einer staatlichen Oberschule, die an der Wand mit cartoonesken Illustrationen für ihre Kernkompetenzen wirbt.

Unterkunft:
Vilion Hotel & Spa
43 Đ. Lê Anh Xuân,
Phường Bến Thành, Quận 1,
Hồ Chí Minh, Vietnam

Essen & Trinken:
Nhà Hàng Asian Kitchen
185/8 Phạm Ngũ Lão,
Phường Phạm Ngũ Lão,
Quận 1, Hồ Chí Minh, Vietnam

Kunst & Galerien:
Minh Anh Art Gallery
101 Đ. Bùi Viện,
Phường Phạm Ngũ Lão,
Quận 1, Hồ Chí Minh, Vietnam

 

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