Edelsteine im vorweihnachtlichen Farbrausch

Der Edelsteinmarkt von Yên Thế ist keine 50 Meter von unserem Hotel entfernt. Kurz nach acht sind wir zur Stelle, als die ersten Händlerinnen ihre farbenprächtige Ware in Stellung bringen.

Hier gibt es Edelsteine und Halbedelsteine in allen Farben und Zuständen: rohe Brocken, wie sie gerade aus den Mine gefördert wurden, ungeschliffen, geschliffen oder bereits zu Ketten und Armbändern verarbeitete: alles ist hier zu haben. Das Angebot ist überwältigend.

Bei einer Händlerin, die uns besonders freundlich anstrahlt, werden wir schwach. Ein Armreif aus Tiger Auge ist schnell in der passenden Größe gefunden. Auch eine zweiter und dritter, so viel Souvenir darf heute sein. Auch als Dank für ein Daheimgebliebenes Helferlein, dass dort während unserer Reise einmal die Woche die Stellung hält. Der Dank der Verkäuferin ist uns schon jetzt gewiss: Sie strahlt übers ganze Gesicht und posiert dankbar für ein Foto.

Kaum sind wir zurück beim Hotel, drängt unser Fahrer um kurz vor Zehn zum Aufbruch. Noch ein schnelles Frühstück mit einfachen Omeletts aus zwei Eiern und ein kleiner Kaffee, dann sind wir bereit für die Weiterfahrt. Für die rund 240 Kilometer bis Hanoi schätzt die Navigations-K.I von Google Maps eine Fahrzeit von rund viereinhalb Stunden. Zunächst rumpeln wir über die wie üblich etwas holprige Landstraße mal wieder über die Dörfer in Serpentinen durch die Berge. Bald wird die Straße besser und führt an unzähligen Drachenfrucht-Plantagen vorbei talwärts. Mal sind die Pflanzen an Betonpfosten, teils an Holzpflöcken hochgebunden.

Auf die Drachenfrucht Region folgt eine Tee Region. Der wächst an den Berghängen unweit von Chợ Yên Lâm. Anschließend fahren wir eine weite Strecke entlang des Flusses Sông Lô, bevor es dann bei Đội Cấn wieder auf eine bequem ausgebaute meist zweispurige Autobahn geht. Hier wechselt das Landschaftsbild von Reis zu Mais, dann Reis, Mais, mutmaßlich wieder Tee-pflanzungen und Bananenstauden, dann wieder Reis, Mais und so weiter und so fort…

Wir haben die Bergregion endgültig verlassen und fahren durch eine breite, hügelige Ebene, bis wir an einer Raststätte mit integriertem Supermarkt etwa 75 km vor Hanoi einen kurzen Stopp einlegen und weiter über die bereits von der Hinfahrt bekannte Autobahn durch eine breite Ebene mit ausgedehnten Reisfeldern nach einer Fahrzeit von bislang vier Stunden den Flughafen von Hanoi erreichen und über eine Brücke ins ganz normale Verkehrschaos der Stadt eintauchen .Die Google Schätzung war mal wieder erstaunlich genau.

Für heute und morgen haben wir eine Ferienwohnung in einem siebenstöckigen Haus in einer schmalen Gasse gebucht, so dass wir die letzten Meter vom Auto zu Fuß zurücklegen müssen. Kein Problem. Da das Zimmer noch nicht fertig ist, gönnen wir uns im Tornado Coffee-Shop gegenüber einem guten Kaffee und frisch gepresste Säfte. Dann folgt das gewohnte Prozedere nach einer einwöchigen Etappe: Schmutzwäsche in einen Beutel stopfen und eine Wäscherei suchen. Von denen gibt es mehr als genug direkt in der Nähe, wie wir auf dem Weg zum „Pasteur Street Craft Beer“ unweit der Sankt Josephs Kathedrale von Hanoi feststellen.

Als wir schließlich satt und zufrieden wieder auf dem Heimweg sind, wird vor dem Portal der Kirche gerade ein etwas ungewöhnliches Krippenspiel aufgeführt. Das Jesuskind kommt per Boot übers Meer, beschützt von großflächig beflügelten Engeln und angebetet von ein paar Kolonnen sehr zackig paradierenden Menschen und einigen Kindern in pelzigen Tierkostümen. Das Spektakel dauert nicht mehr lange  als wir eintreffen und endet unter erstaunlich wenig Applaus. Der scheint hierzulande wohl auch weniger üblich.

Als wir den Platz verlassen, begegnen wir einem Pärchen, die mich auf Englisch um ein Handy-Foto von Ihnen mit Weihnachtsbaum und Kirchtürmen im Hintergrund bitten. Bei der üblichen Nachfrage nach Herkunft und Nationalität stellt sich dann heraus, dass Bartolo mit seiner Frau in Frankfurt wohnt. Jetzt machen die beiden einen mehrmonatigen Urlaub in Thuy‘s Heimatland. Für den IT-Spezialist kein Problem, da er seinen Job auch längere Zeit von unterwegs aus machen kann. Globalisierung hat auch seine angenehmen Seiten, auch wenn man sich nach dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt von Magdeburg vor ein paar Tagen gerade wieder die Frage stellt, warum das nicht alle Köpfe Eingang finden kann. Friede auf Erden mag nur eine Illusion sein, aber am Vorabend zum Heiligen Abend wird man auch mal träumen dürfen…

Unterkunft:
AN House Hanoi – Ngõ Huyện
46 Ng. Huyện
Hàng Trống, Hoàn Kiếm
 Hà Nội 000084, Vietnam

 

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