Es muss nicht immer Sushi sein…

Irgendwie hat jeder Ort der vergangenen Wochen seinen eignen Sound – einen Song, der auch am Abend nachklingt, wenn ich am Abend im Hotelzimmer in einem Blog Beitrag den Tag noch einmal nacherlebe. Jetzt ist es David Bowie „China Girl“ – auch wenn es „Little Tokyo“ und nicht Chinatown war, das den heutigen Tag dominierte… „You know, I’ll give you television, I’ll give you eyes of blue … Ssh….“

Der Vormittag beginnt nach der Rückgabe des Toyoto 4Runners am Los Angeles Airport. Wir frühstücken in der kleinen Bäckerei „Okayama Kobo“ im Erdgeschoss des Miyako Hotels am Rand  von Little Tokyo. Hier ist man stolz darauf, dass alle Backwaren nur mit „Hokkaido-Mehl“ und ohne künstliche Aromen und Zusatzstoffe produziert werden. Wir entscheiden uns für ein italienisch inspirierten „Japanini“ mit Lavendel und aromatisiertem Cafe Latte. Damit ist das Fundament für diesen Tag gelegt.

Im buddhistischen „Koyasan-Temple nebenan findet gerade eine Trauerfeier statt. Daher ist nur ein Blick von außen gestattet. „Ssh…“ klingt David Bowie im Ohr… Also weiter zur „Japanese Village Plaza“:

Eintauchen in die mit weiß-roten Lampions dekorierten Gassen, zu  den Läden  mit den manchmal etwas schrillen und quietschsüßen Accessoires aus der bunten Anime-Welt. „Pokémon“ und „One Piece“ lassen grüßen. Die von mir in den deutschen Synchron-Fassungen „gesprochenen“ Charaktere „Bissbark“, „Mamutel“ „Kamalm“ und „Machomei“ finde ich zwar nicht bei den Stofftieren, aber für Fans der asiatischen Animes muss das hier das Paradies sein.

Wir setzen uns mit einem Stück „Tokyo-Cheesecake“ vor das „Mitsuru Cafe“ und beobachten das bunte Treiben auf dem Platz. Gelegentlich mischen sich farbenfrohe Cosplayer:innen unter die Touristen und offensichtlich japanisch stämmigen Einheimischen. Belle ist eine von ihnen. Sie scheint in ihrem weißen Schulmädchen-Dress und den hellblau gefärbten Haaren just einem Anime entsprungen zu sein.

Das besondere „japanische“ des zuvor erwähnten Käsekuchens ist übrigens, dass er mit „Matcha“ zubereitet wird, zu Pulver vermahlenem Grüntee, der in der japanischen Teezeremonie verwendet wird. Nicht wirklich neu für uns, denn die Liebe zu „Matcha“ als Kuchenzutat kennen und schätzen wir auch bei unserer japanischen Lieblingskonditorei „Tanpopo“, die ursprünglich direkt neben meinem Verlag in der Erzgießereistraße und mittlerweile ein paar Blocks weiter in der Maillingerstraße beheimatet ist.

Entsprechend „gestärkt“ sind wir bereit für unsere heutige Museumstour im japanischen Viertel. Den Anfang macht ein Besuch der Ausstellung „Go For Broke“ im National Education Center auf der anderen Seite der First Street. Sie erzählt die wechselhafte Geschichte japanischen Einwanderer. Unter dem Motto „Geh aufs Ganze“ kämpften während des zweiten Weltkriegs Soldaten unter anderem aus Hawaii gegen Japan und Hitler-Deutschland, obwohl zur gleichen Zeit viele ihrer Landsleute in den USA interniert und enormen Repressalien ausgesetzt waren.

Ihre Absicht war es, nicht nur den Krieg gegen die Deutschen in Europa, sondern auch den Krieg gegen die rassistischen Vorurteile zu Hause zu gewinnen. Dieser Kampf wird heute mit friedlichen Mitteln fortgesetzt, im ebenfalls im Gebäude dieser Ausstellung beheimateten „Tateuchi Democracy Forum“ des nationalen Zentrums zur Bewahrung der Demokratie. Zu den Förderern gehört im Übrigen auch der Schauspieler George Takei, vielen bekannt durch seine Rolle als Hikaru Sulu in der Serie Raumschiff Enterprise.

Ein Lagerhaus für Polizeifahrzeuge gleich nebenan wurde unter Beteiligung des bekannten kalifornischen Architekten Frank Owen Gehry zum Museum umgewandelt.

Im „Geffen Contemporary at MOCA“ bestaunen wir die in den letzten dreißig jahren entstandenen großformatigen Murals von Judith F Barcas „World Wall“, die die Tradition der politisch inspirierten Fresken des mexikanischen Malers Diego Rivera fortführen, dessen Werke wir erst kürzlich in einer Sonderausstellung des MOMA von San Francisco näher kennenlernen durften.

Auch die anderen Ausstellungen im „Geffen“ zeigen deutlich, wie politisch Kunst heute sein kann – und wohl auch sein muss, In der Retrospektive „Biscuits‘ “mit Werken  der im Iran geborenen Künstlerin Tala Madani wird der Betrachter teils nicht ganz jugendfrei beispielsweise mit den Auswirkungen des Männlichkeitswahns konfrontiert. Auch andere Themen werden nicht ohne Ironie dargestellt. „Blackboard (Further Education)“ aus dem Jahr 2021 zeigt mit Kreidezeichnungen auf einer gemalten Schultafel, wie die Künstlerin das aktuelle Schulsystem empfindet. Hier liegt der schüler auf dem Seziertisch und  menschenfressenden Moloch scheidet – im wahrsten Sine des Wortes – am Ende uniformierte Schüler aus. Das Motiv wiederholt Tala Madani im Bild gleich ein zweites Mal mit einer krakeligen Kinderzeichnung, bei der am Ende Fragezeichen herauskommen…

Es ist bereits später Nachmittag, als wir dem Tenor des Tages folgend eines der unzähligen japanischen Restaurants besuchen und eine japanische Nudelsuppe (Ramen) sowie ein Donburi genießen. Bei letzterem handelt es sich um eine mit Reis gefüllte Schüssel , die  mit weiteren Zutaten bedeckt wird, in meinem Fall mit Lachs.

Damit schließt sich ein weiter Kreis. Nachfolger des „Tanpoopo“ in meiner Nachbarschaft ist heute „Take-Don“ der im wöchentlichen Wechsel drei verschiedene Varianten dieser authentischen japanischen Reis Bowls anbietet.

Essen & Trinken:

Okayama Kobo Bakery & Cafe DTLA
(im Erdgeschoss des Miyako Hotel Los Angeles)
328 1st Street, Los Angeles, CA 90012

Mitsuru Cafe
117 Japanese Village Plaza Mall
Los Angeles, CA 90012

Unterkunft:


Hotel Pacific, Manhattan Beach
 850 North Sepulveda Boulevard
Manhattan Beach, CA 90266, USA

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