Ein letztes Mal fahren wir mit dem Boot über den Atitlán-See, diesmal nach Süden. In einer Ausbuchtung des Vulkansees befindet sich das Dorf Santiago Atitlán. Hier wohnen vor allem Indios der Maya-Stammesgruppe der Tzutuhil. Bekannt ist es für den Lokalheiligen Maximón und den vor ein paar Jahren seliggesprochenen katholischen Märtyrer Stanley Rother.
Die Hauptsaison ist vorüber, doch auch so verirren sich nur wenige Touristen in die Straßen, die den Berg hinauf zu den Kirchen und Kapellen führen. Man mag es den Händlern kaum verdenken, dass sie fast schon aufdringlich jede Gelegenheit nutzen, ihre farbenprächtigen Handarbeiten zu verkaufen. Der Preis, schon im Angebot weit unter dem in den touristischen Zentren im nördlichen Teil der Insel, ist verhandelbar. Der Platz in unseren Rücksäcken allerdings nicht.
In einer Seitenstraße finden wie die Kapelle von Maximón. Der Zigarre-rauchende Maya-Heilige wird von einer Maya-Bruderschaft bewacht, die nicht nur die rund 60 Cent Eintritt kassiert, sondern strikt darauf achtet, dass noch einmal das doppelte zusätzlich gezahlt wird, wenn man fotografieren will. Das Geld ist gut angelegt, denn die Stimmung in der ursprünglichen Grablegungskapelle mit dem obligatorischen Jesus im Glassarg ist schon etwas ganz Besonderes.
Nicht weit entfernt befindet sich die dem Apostel Jakobus (Santiago) geweihte katholische Kirche. Von 1968 bis 1971 arbeitete hier der Missionar Stanley Rother. Um Tzutuhil, die Sprache der hiesigen indigenen Bevölkerung zu lernen, lebte er zeitweise bei einer einheimischen Familie. Er nahm seine Aufgabe so ernst, dass er das Neue Testament und die Liturgie in ihre Sprache übersetzte und die Arbeit der lokalen Rundfunkstation unterstützte. Den Machthabern war er immer ein Dorn im Auge, bald stand er auf den berüchtigten Todeslisten. Daraufhin floh er zunächst in seine Heimat Oklahoma, kehrte aber wenige Monate später noch einmal nach Santiago Atitlán zurück. Seine Gegenspieler warteten nicht lange. Am Morgen des 28. Juli 1981 brach ein Kommando aus rechtsextremen Terroristen und guatemaltekischen Militärs in das Pfarrhaus ein. Eine regelrechte Hinrichtung: zwei Kopfschüsse nach einem kurzen Gerangel. Der rothaarige Missionar war einer von zehn Priestern, die im Jahr 1981 in Guatemala ermordet wurden. Bereits im Juni wurde er in Rom als Märtyrer offiziell anerkannt, die Seligsprechung erfolgte am 23. September 2017.
Von all dem Grauen dieser noch gar nicht so fernen Zeit ist heute nichts mehr zu spüren. Santiago Atitlán wirkt sogar friedlicher als alle anderen Orte, die wir in den letzten Tagen rund um den See besucht haben. Eigentlich ein idealer Platz für einen Sprachschule, wie sie Cosy für die nächsten Wochen sucht – mit der Möglichkeit, bei Einheimischen zu leben. Doch leider gibt es ausgerechnet hier keine Spanisch-Schule…
Unterkunft:
Regis Hotel Spa
3a. avenida 3-47 zona 2, Panajachel 07010, Guatemala