Für einen kurzen Moment brennt der Himmel zwischen den Bergen, wechselt in hellere Orangetöne und schließlich weicht die Nacht dem Tag. Wir fahren in den Sonnenaufgang. Der Minivan rumpelt mit 80 Sachen über die Landstraße in Richtung Frontera Corozal. Am Rückspiegel baumelt eine Rosenkranz, darunter tanzt ein Schlüsselanhänger mit einem weiteren Kreuz im Rhythmus der Straße.
Dichter Dschungel, Palmöl-Plantagen, Maisfelder und immer mehr Weideflächen ziehen vorbei. Pickups oder weitere Minivans kommen uns entgegen, am Straßenrand ein paar Campesinos mit Macheten auf dem Weg zur Feldarbeit. Ein einsamer Reiter trabt gemütlich den Seitenstreifen entlang. Es geht zügig voran, gelegentlich drosseln Topes die Geschwindigkeit, wenn wir durch kleine Dörfer fahren: Nuevo Sonora, Chanzalá und namenlose Ansammlungen einiger Hütten…
Der erste Stopp nach 62 Kilometern. Am Straßenrand der Col. 11 de Julio parken Dutzende Minivans. Je nach Tourveranstalter werden die Reisenden auf eines der vier spezialisierten „Restaurants“ aufgeteilt. Hier gibt es Frühstück den ganzen Tag. Blaue Marken werden verteilt. Das Yax-Lum ist für uns zuständig. Hinter dem Buffet werden in großen Pfannen Rühreier im Akkord produziert. Außerdem gibt es Reis, die obligatorischen Bohnen, Tortillas, Obst, Kaffee und frischgepresste Säfte. 40 Minuten später sammelt unser Fahrer seine Passagiere wieder ein und es geht weiter auf der Carretera Fronteriza. Die Berge weichen sanften Hügeln, der Wald macht Platz für den Maisanbau und Weideflächen für die Rinderzucht.
Gegen 10 Uhr erreichen wir Frontera Corozal am Rio Usumacinta, dem Grenzfluss zu Guatemala. Heute bleiben wir aber noch in Mexiko und es geht mit dem Boot 12 Kilometer stromabwärts zur Maya-Stätte Yaxchilán. Nach rund 40 Minuten Fahrt mit dem Langboot sind wir da und klettern über eine bequeme Treppe die steile Uferböschung nach oben. Die Ruinenstatt liegt mitten im Dschungel. Der Weg auf den Hauptplatz führt durch das Innere des „Laberinto“. Wir sind vorbereitet. Eine Taschenlampe ist nicht das einzige, was bei der Erkundung dieser Stätte nützlich ist. Die Mitnahme von Mückenschutz und genügend Trinkwasser ist ebenfalls unbedingt sinnvoll.
Zu den Besonderheiten dieser Ruinenstadt zählen die reliefverzierten Türsturze (Dinteles), die unterschiedlich gut erhalten sind. Überhaupt gehören die Flachreliefs dieser Anlage zu den schönsten, die wir bisher außerhalb eines Museums an ihren originalen Plätzen sehen konnten. Auf dem Gelände befinden sich auch zahlreiche Stelen (Estelas), die ebenfalls mit Reliefs und Bildzeichen verziert sind. Der Zahn der Zeit ist an ihnen nicht spurlos vorbei gegangen. Manche sind arg verwittert, andere nur zum Teil erhalten. Die schönsten befinden sich wie so oft in den Museen.
Am Ende des Platzes erhebt sich die Pyramide des „Palacio del Rey“ (Königspalast). Er wurde in der Regierungszeit des „Vogel-Jaguars“ erbaut. Seite kopflose Statue befindet sich in der mittleren Kammer des Gebäudes, der Kopf liegt in der daneben.
Neben ausführlichen Informationen zur Geschichte der klassischen Maya-Periode (300-900 n.Chr.), darf natürlich auch eine passende Schauergeschichte nicht fehlen. Sollten einmal beide Teile der Statue wieder zusammengefügt werden, stehe der Weltuntergang bevor.
Nach zwei Stunden Aufenthalt fahren wir mit dem Boot flussaufwärts zurück zu unserem Minibus. Nach dem im Tourpreis enthaltenen Mittagessen steht Bonampak auf dem Programm. Für die letzten Kilometer durch den Dschungel müssen wir umsteigen. Vom „Besucherzentrum“ bringt uns ein klappriger Bus zum eigentlichen Eingang der Anlage.
Die Straße ist eher eine Schotterpiste, die durch den Dschungel führt. Diesmal baumelt ein Traumfänger vor den Rissen der Windschutzscheibe. Auch er hält erfolgreich die bösen Geister draußen und sonstige Gefahren von den Passagieren fern.
Noch ein paar Meter zu Fuß durch den Wald und wir erreichen eine Lichtung mit einem fußballfeldgroßen Platz. Am anderen Ende befindet sich die „Akropolis“, eine Pyramide mit mehreren Tempelgebäuden. Wir haben nur eine Stunde Aufenthalt, da das Areal bereits um 16.45 geschlossen wird.
Daher klettern wir ohne Umwege gleich zum wichtigsten Gebäude auf der rechten Seite, dem Templo de las Pinturas.
In drei 4,5 mal 2,5 Meter großen Kammern befinden sich farbenfrohe Fresken. Da immer nur jeweils drei Personen gleichzeitig die Räume betreten dürfen, bilden sich schnell kleine Schlangen vor den Eingängen.
Das Warten lohnt sich. Vor dem Betrachter entfaltet sich ein buntes Szenario. Es erzählt Geschichten von blutigen Schlachten, rituellen Opfern und dem Leben am Hof der Maya-Könige. Waren die Reliefs in den bisher besuchten Anlagen gewissermaßen Schwarz-Weiß-Fotos der vergangenen Epochen, erleben wir hier eine Art Farbfilm, bunte Bilder, die wie ein überdimensionaler Comic einen Blick in die Blütezeit der Maya erlauben. Die Farben mögen mittlerweile stark verblasst sein, beeindruckend sind die einzigartigen Bilder auf jeden Fall.
Unterkunft:
Ya Ajche
Lacanja Chansayab
Selva Lacandona
Mpio. Ocosingo, Chiapas
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