Einmal zum Pfeffer und zurück

Soll jemand verschwinden und nicht wiederkommen, wünscht man ihn dahin, „wo der Pfeffer wächst.“ Hierzulande heißt es lapidar: „You better go to seven mile!“ Gemeint ist die Entfernung zwischen der Stadtmitte von Kuching bis zum einzigen Krankenhaus für „mentale Gesundheit“ in dieser Gegend. Wir sind mal wieder unterwegs mit einem tollen Guide, bei dem dank  kleiner Geschichten und zahlloser Informationen eine ansonsten eher unspektakuläre Fahrt aus der Stadt heraus keine Sekunde langweilig bleibt.

Eigentlich ist Wilson Stephan “nur” Taxifahrer. Seine Zeit als Fremdenführer kann er nicht leugnen. Vor Jahren war er für den deutschen Reiseveranstalter Neckermann tätig, bis dieser von Thomas Cook übernommen wurde. Damals, das war die Hochphase des Tourismus in Kuching, die bis einige Jahre nach der Jahrtausendwende andauerte. Seit dem Wirtschaftscrash von 2007 hat sich die Branche nicht mehr erholt. Einigen Hotels mit großen Namen merkt man an, dass sie ihre besten Jahre schon länger hinter sich haben. Da lohnt sich ein zweiter Blick, um zum Beispiel ein verstecktes Kleinod wie das Batik Boutique Hotel zu finden. Der Tipp mit dem Guide kam denn auch von der hilfsbereiten Hotelchefin Jo-Lynn, die sich gleich beim Einchecken nach unseren Plänen für den Aufenthalt erkundigte. Diesmal haben wir nur Zeit für eine kleine Tagestour, weil wir bereits nach zwei Übernachtungen nach Yogyakarta weiterfliegen wollen.

Eine mehrtägige Tour ist nicht drin, aber für einen Ausflug ins Dayak-Dorf Kampung Annah Rais, 56 Kilometer südlich von Kuching reicht es allemal. Außerhalb der Stadt wird es bald hügliger und grüner. Links und rechts der Straße erstrecken sich sowohl primäre, als auch sekundäre Waldgebiete. Keine Monokulturen endloser Palmölplantagen, dafür kleinere Parzellen, die für die Landwirtschaft genutzt werden: Reis, Mais, Bananen, Drachenfrüchte, wilde Ananas und immer wieder Pfeffer.

 

 

Ebenfalls am Wegesrand befindet sich ein  weitläufiger chinesischer Friedhof. Die Gräber sind nicht einheitlich ausgerichtet, sondern weisen in unterschiedliche Himmelsrichtungen. Das ist dem Feng Shui des Toten geschuldet, das für jeden einzelnen gesondert festgestellt werden muss. Das Grabmal selber ist einem Halbkreis nachempfunden, der den Bauch einer Schwangeren symbolisieren soll. Gemäß ihrem Glauben kehrt der Verstorbene nach seinem Tod in den Bauch der Urmutter zurück.

Schließlich erreichen wir Annah Rais. Hier leben die Bidayuh Dayak, die bis zu ihrer Christianisierung durch anglikanische Missionare wie viele andere Stämme der ursprünglichen Bewohner Borneos als Kopfjäger den Riten einer animistischen Religion folgten. Heute werden Fremden freundlich mit einem leckeren, mit Ingwer aromatisierten Willkommensschnaps begrüßt und dürfen die Langhäuser gegen ein kleines Eintrittsgeld besuchen. Auch wenn sich Kleidung und Alltag immer mehr den Vorbildern in den großen Städten angleichen, die Art des gemeinschaftlichen Wohnens mit Gemeinschaftsräumen und –plätzen sowie sauber abgegrenzten privaten Abschnitten bleibt bestehen. Lediglich die Dächer sind heutzutage mit Wellblech gedeckt und manche Holzkonstruktion durch ebenfalls auf Pfählen stehende Beton- oder Wellblechwände ersetzt.

Und noch etwas erinnert an alte Zeiten. Im Head-House befinden sich noch immer einige bleiche Totenschädel, unter denen bei bestimmten Gelegenheiten ein Feuer entfacht wird, damit der Rauch ihre Kraft stärkend durch das Dorf verbreiten kann. Früher befanden sich noch viel mehr Schädel in dem Gitterkäfig in der Mitte der Hütte. Viele wurden mittlerweile beerdigt, da die nächste Generation mit den alten Traditionen nur noch wenig anfangen kann.

Am Ende des dritten Langhauses treffen wir den 66jährigen Alex, den Bürgermeister des Dorfes. Früher gab es für jedes Langhaus einen Vorsteher, heute reicht einer für alle drei. Bevor Alex dieses Amt übernahm, war er bis zu seiner Rente beim Staat beschäftigt.

Auf der Rückfahrt wollen wir es dann  noch einmal genauer wissen, was es mit dem Pfeffer auf sich hat, der hier allerorts an Stangen neben der Straße gezogen wird. Wilson erläutert uns sachkundig die Unterschiede. Alle „Sorten“ haben den gleichen Ursprung. Nach dem Pflanzen eines Pfefferkorns dauert es bis zur ersten Ernte ein bis anderthalb Jahre. Pro Jahr können dann etwa 15 Kilo Pfefferkörner geerntet werden. Ist die Pflanze 20 Jahre alt, wird der Ertrag geringer und eine neue Rankpflanze muss neben der Holzstange gepflanzt werden.

Schwarzer Pfeffer entsteht, wenn die unreifen grünen Pfefferkörner in der Sonne getrocknet werden. Für den weißen Pfeffer werden die kleinen reifen roten Früchte zunächst ein bis zwei Wochen in fließendem Wasser eingeweicht, bis sich die Schale löst. Danach werden sie geschält, getrocknet und in der Sonne gebleicht. Grünen oder echten roten Pfeffer erhält man, indem man die unreifen beziehungsweise reifen Früchte in Essig einlegt oder gefriertrocknet.

Zum Abschluss erhalten wir von Wilson noch eine kleine Stadtrundfahrt durch Kuching, das verwaltungsmäßig in zwei Teile aufgeteilt ist, je einer auf jeder Flussseite. Jeder hat sein eigenes Rathaus mit Verwaltung. Süd-Kuching wird vom Handel und nicht zuletzt einem indischen und dem großen Chinesen-Viertel geprägt, Nord-Kuching ist eher Wohnquartier.

Für unser letztes Essen auf Borneo haben wir uns etwas ganz besonderes ausgesucht. Der Topspot Food Court befindet sich auf dem obersten Deck eines Parkhauses. Hier gibt es Fisch satt. Wozu noch Beilagen. Wir entscheiden uns für Sea Prawns (Garnelen), White Pomfret (Silberner Pampel)  und Siakap (Barramundi).

Etwas Gemüse kommt dann doch noch dazu: Paku Midin ist eine Spezialität, die es nur in Kuching gibt. Der essbare Farn wird morgens frisch in den Wäldern gepflückt und muss noch am selben Tag weiterverarbeitet werden. In diesem Fall kommt das knackige Gemüse mit Ingwer und viel Knoblauch aus dem Wok.

Unterkunft:
Batik Boutique Hotel
No. 38, Jalan Padungan, Stadtzentrum Kuching, Kuching, Malaysia, 93100

Guide:
Wilson Stephen

 

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