„Wuuuh!“ Keine Antwort. „Wuuuh!“ Es bleibt ruhig. Wir fahren mit Mr. Aji auf einem kleinen Boot flussaufwärts und sind in einen Seitenarm des Sungai Kinabatangan abgebogen. Bis kurz vor der Abfahrt hat es noch geregnet. Jetzt trauen sich einige Sonnenstrahlen wieder durch die Wolken. Nur die Affen haben noch keine Lust, wieder in den Bäumen herum zu tollen. Es ist einfach noch zu nass und glitschig.
Nachdem kein Orang Utan auf seine Rufe antworten will, versucht Mr. Aji es mit dem aufgeregten Ruf der Nasenaffen: „Ähöh!“ Wieder keine Reaktion. Und doch gibt es einiges zu sehen. Immer wieder lässt der erfahrene Tierfotograf den Bootsführer stoppen und weist in die richtige Richtung: Höckerstorch in der Baumkrone auf neun Uhr, Schlangenadler bzw. Schlangenweihe im Wipfel auf drei Uhr, Nashörnvögel auf ein Uhr. Wir sehen zahlreiche Vögel in den Bäumen sitzen und ihr Gefieder trocknen. Einmal mehr macht das gute Auge und die Erfahrung unseres Guides den Unterschied.
Wir sind bereits zwei Stunden unterwegs, als es auf dem Fluss plötzlich lebendig wird. Erst eins, dann ein weiteres und immer mehr Boote mit 2 bis 12 Touristen an Bord kommen uns entgegen. Während Mr. Aji seinen Bootsführer angewiesen hat, den Motor zu drosseln und leise am Ufer entlang zu fahren, brettern die Neuankömmlinge schnell von einem Beobachtungsspot zum nächsten, halten kurz und weiter geht’s. Wir bleiben länger an den potentiellen Orten, lassen uns Zeit und werden belohnt: In einem Baum entdecken wir erst einen, dann mehrere und schließlich eine ganze Horde Nasenaffen. Einige hundert Meter weiter das nächste Rudel. Je später es wird, desto mehr dieser putzigen Kerlchen traut sich in die Bäume, tollt herum oder sitzt einfach nur im Geäst wie bei einer Meditation.
Die Sonne wandert allmählich Richtung Horizont. Fasziniert beobachten wir die niedlichen Affen beim Pflücken der Blätter für die abendliche Mahlzeit. Eifrig stopfen sie sich Blatt für Blatt mit erhobener Nase ins Maul. Nebenan macht sich ein Rudel Makaken über die gelben Früchte eines anderen Baumes her. Jetzt ist es auch für uns an der Zeit, zu unserer Basis zurückzufahren. Es dauert nicht mehr lange, bis es dunkel wird. Unser Abendessen wartet.
Nach dem Essen starten wir zu einer einstündigen Nachtwanderung durch den Dschungel. Eine handtellergroße, noch junge Tarantel verschwindet nach einigen Minuten in einem hohlen Ast, nachdem sie von der ungewohnten Beleuchtung wohl doch etwas genervt ist. Überhaupt sind es vor allem Insekten, auf die uns Mr. Aji auf der Suche nach nachtaktiven Tieren aufmerksam macht. Große Grashüpfer mit fast 30 Zentimeter langen Fühlern, Gespenstschrecken und ein Hundertfüßer, der gerade genüsslich eine riesige Motte verspeist. Lediglich die Säugetiere machen sich rar. Nur ein paar Ratten, die geschickt einen Baumstamm hinauf bzw. hinunterlaufen.
Wir sind schon fast wieder zurück, als Mr. Aji uns plötzlich bedeutet, in die Hocke zu gehen und in einen Baum leuchtet. Die leuchtenden Augen gehören zu einem Vertreter einer ganz besonderen Schleichkatzenart: Der Fleckenmusang ist vor allem für seine Rolle bei der Produktion des sogenannten Luwak-Kaffees bekannt. Zum ersten Mal sahen wir vor einigen Jahren ein gefangenes Tier in einem engen Stahlkäfig auf einer Kaffeeplantage im Norden von Vietnam. Hier haben wir das Glück, ein wild lebendes Exemplar zu beobachten.
Unterkunft:
Sukau Tomanggong View B&B
90200 Kinabatangan, Sabah, Malaysia
Guide:
Mr. Aji
Kinabatangan Wildlife Expeditions