„Endlich mal jemand, der lächelt!“ Die Verkäuferin des Lucky-Luzie-Standl’s auf dem Weihnachtsmarkt des Münchner Flughafens grinst mich fröhlich an. Ich grinse zurück. „Merkwürdig, eigentlich sollten doch die meisten hier glücklich sein, dass es gleich in den Urlaub geht…
Das Schneechaos der vergangenen Tage hat heute eine Pause eingelegt. Die Wetterpropheten haben Recht behalten. Den ganzen Tag hat es leicht geregnet und vom Schnee der vergangenen Tage sind nur graue Flecken und Pfützen an den Bordsteinrändern geblieben. Im Gegensatz zum Wochenende steht heute einem pünktlichen Abflug nichts mehr im Weg. Ganz anders die Lage in Frankfurt und weiter im Norden. Da ist seit Tagen nicht an einen geregelten Flugplan zu denken und zahlreiche Flüge werden auch heute wieder gestrichen. Ausgerechnet im winterwetterverdächtigen Süden Deutschlands sind diese Probleme im wahrsten Sinne des Wortes Schnee von gestern. Natürlich nur, wenn es nicht gerade von hier nach London gehen soll. Also kein Grund für grimmige Mienen in München, sollte man meinen…
Noch drei Stunden bis zum Abflug. Ich werde mich möglichst schnell beim Check-in von meinem Kofferrucksack zu trennen. Keine schlechte Idee. Vor mir warten nur 20 weitere Früheinchecker auf die Öffnung der Counter durch die freundlichen Mitarbeiterinnen von Thai Airways. 20 Minuten später geht’s los und innerhalb von 10 Minuten habe ich den Rucksack gegen eine federleichte Bordkarte getauscht. Allmählich meldet sich auch der kleine Hunger. Im Airbäu lockt das Tagesgericht „Szegedinger Gulasch mit Semmelknödel“. Das kostet inkl. einer Halben des vor Ort gebrauten dunklen Biers vom Typ „Krampus“ keine 9 Euro und schmeckt hervorragend. Nicht nur Passagiere auf der Durchreise, sondern auch Gäste aus der Umgebung kommen zum Essen in diese Mikrobrauerei im Zentralbereich des Airports. Und die Bierspezialität wechselt saisonal. Neben dem hauseigenen Hellen gibt’s alle paar Monate eine andere süffige Sorte bayrischer Braukunst zu verkosten.
Anschließend ist noch genug Zeit für einen kleinen Bummel über den Weihnachtsmarkt, der seit ein paar Jahren zwischen den Terminals 1 und 2 zu einer festen Institution in der Region geworden ist und ebenfalls Besucher unabhängig vom eigentlichen Flughafenbetrieb anzieht. Die Holzhütten sind rund um eine kleine Eislaufbahn angeordnet, die sogar einen abgetrennten Bereich zum Eisstockschießen bietet. Natürlich findet man hier alles, was man auch sonst auf diesen Märkten findet: Duftkerzen, Gesundheitskissen, Glühwein und gebrannte Mandeln. Aber passend zur Location gibt’s auch Koffer und bayrische Wurst- und Käsespezialitäten als Alternative zum Duty-Free-Shopping für die Reise. Und natürlich die glückliche Luzie für den Hundefreund.
Ich spendiere Uta, der freundlichen Verkäuferin, einen Glühwein. Alkoholfrei, denn sie muss später noch mit dem Auto nach München fahren. Die gebürtige Münsteranerin hat es vor einigen Jahren der Liebe wegen nach München verschlagen. Nach einem Studium mit Schwerpunkt Event-Managerin ist sie auf den Hund gekommen. Das heißt, sie verkauft alles, was Frauchen oder Herrchen für seinen vierbeinigen Freund so brauchen kann. Ob Leine, Halsband oder Kuscheldecke, Hundepullover oder Knuddelknochen, bei „Luzie im Glück“ lacht das Hundeherz. „Kann man sich doch ganz einfach merken: Luzie, der Schrecken der Straße!“ Namensgeberin und Initiator für diese Geschäftsidee war logischerweise Utas Hund Luzie. Einen Laden für all das hier Angebotene in geeigneter Citylage gibt es bislang nicht, dafür aber einen Internetshop. Während ein Stand auf dem Weihnachtsmarkt noch recht einfach zu realisieren ist, liegen die Hürden für ein Geschäft in halbwegs guter Lage deutlich höher. Da sind Kaution und Maklerprovision nicht das einzige, was die Kosten für einen Geschäftsstart in die Höhe treibt. Wer den Zuschlag für ein Ladenlokal in einer Straße mit potenter Laufkundschaft haben will, zahlt noch mal extra „etwas“ unter der Hand. Die Alternative sind ein Stand auf dem Weihnachtsmarkt und der Shop im Internet. In der virtuellen Welt ist das Eröffnen eines Ladens noch deutlich günstiger zu haben als im realen Haifischbecken.
Und was ist mit Urlaub, frage ich Uta. Sie zuckt die Schultern. Erst einmal nicht geplant. Genauer gesagt nicht mehr. Vor acht Jahren hatte sie eine 2jährige Weltreise ausgetüftelt. Das Geld hatte sie über mehrere Jahre zusammen gespart, Flüge und was sonst so dazugehört im Paket über einen Veranstalter gebucht. Kurz vor Beginn der Reise dann ein Krankheitsfall in der Familie. Es geht auf Leben und Tod. Der Abflugtermin verstreicht, ein Reiserücktritt ist zwar möglich, aber zurückgezahlt werden nur 25% des bereits bei der Buchung gezahlten Geldes. Denn der Krankheitsfall geht gut aus – und die Reiserücktrittsversicherung hätte nur im Todesfall des Familienangehörigen den vollen Reisepreis erstattet. Doch von Verbitterung ist bei Uta nichts zu spüren. Fröhlich berichtet sie, dass es dann leider nur für einen 3-monatigen Urlaub in den USA gereicht hat. Ein paar der Produkte bei Lucky Lucy sind von Geschäftskontakten, die sie damals dort knüpfte. Uta lächelt und ich weiß: irgendwann in den nächsten Jahren wird sie ihre Weltreise fortsetzen. Nicht an einem Stück, sondern in Etappen.
Um uns herum hasten die Menschen vorbei. Der Urlaub droht und der Flieger wartet nicht. Reisen ist eine ernste Sache für uns Europäer. Gelächelt wird auf den Urlaubsbildern. Cheese…