Abenteuer Nam Ou, Teil 2

Karten für’s Boot gibt‘s erst um 9 Uhr. Der Preis steht noch nicht fest, sondern ist abhängig von der Zahl der Mitreisenden. Gestern waren es zu wenig, da fuhr dann auch kein Boot den Nam Ou hinunter. Zeit für ein Frühstück im Sabaïdee unweit der Anlegestelle. Das französisch laotische Bereiberpaar weiß, wie man einen guten Cappuccino macht. Eine halbe Stunde später ist der Preis für die Fahrt ermittelt: 120.000 Kip (etwa 13,50 Euro) für die sechs Stunden bis Nong Khiaw. Um viertel vor zehn quetschen sich 17 Passagiere aus Deutschland, Österreich, Kanada, Südafrika und Tschechien in das schmale Langboot. Der Kapitän zuckt laotisch-gelassen die Schultern: er hat auch schon mal dreißig an Bord untergebracht.

Die zweite große Etappe auf dem Nam Ou ist die ursprünglichste von den drei ehemals möglichen. Hier spürt man noch kaum die Auswirkungen des 5-Dämme-Projekts der chinesischen Bauherren. Der Fluss ist wilder als auf dem bereits angestauten oberen Teil der ersten Etappe. Die Stromschnellen verlangen vom Bootsführer eine genaue Kenntnis der Fahrrinne. Gelegentlich weisen im Wasser schwimmende Bojen aus alten Plastikflaschen den richtigen Weg.

Das voll beladene Boot liegt tief im Wasser und die vorderen Plätze kommen gelegentlich in den Genuss einer unfreiwilligen Erfrischung wenn die Gischt hochspritzt.

 

Die Landschaft ist abwechslungsreich und faszinierend, die Berge zunächst sanfter. Natürlich geht es auch heute nicht ohne die obligatorischen Zwischenstopps. Mal steigt eine Laotin mit ihrer kleinen Tochter zu, dann muss noch ein Plätzchen für einige Säcke Reis gefunden werden. Und manchmal ist es nur ein gewisses menschliches Bedürfnis, warum wir gerade an dieser speziellen  Böschung anlanden müssen.

Drei Stunden später, rund 10 Kilometer vor Muang Ngoy erreichen wir die Dammbaustelle #3. Hier werden gerade die seitlichen Armierungen betoniert. Die Baustelle ist am Ufer weiträumig abgesperrt. Die Chinesen bringen nicht nur das Baumaterial sondern auch ihre eigenen Arbeiter mit, die in einer Containersiedlung auf dem Gelände untergebracht sind.

Jetzt folgt einer der schönsten Etappen. Vor uns türmen sich die Berge zu einem kleinen Karstgebirge, durch dass der Fluss einen Weg geschnitten hat. Die schroffen Felswände wären sicherlich eine Herausforderung für geübte Freeclimber. Noch fließt der Nam Ou ungebändigt durch die Passage. Sobald der zuvor passierte  Damm fertiggestellt ist, war’s das dann mit der spektakulären Aussicht aus dieser Perspektive…

In  Muang Ngoy müssen wir das Boot wechseln. Die Hälfte der Passagiere hat nur bis hierhin gebucht, so dass es auf dem neuen Boot gleicher Größe deutlich geräumiger zugeht. Es gibt sogar vier alte Bussitze, so dass nicht alle auf den schmalen Planken an der Bordwand hocken müssen. Auch der Fluss fließt jetzt ruhiger. Vorzeichen von Damm #2, der irgendwo hinter Nong Khiaw liegt. Je näher wir dem Etappenziel kommen, desto breiter wird der Strom und ursprünglich an der Uferböschung gewachsene Bäume werden nun vom Wasser umspült. Dieses gezähmte Teilstück bietet völlig neue touristische Perspektiven. Unterwegs begegnen uns zahlreiche „Langnasen“. Sie überwinden gemächlich paddelnd per Kajak die Distanz zwischen den beiden Orten, die sich bereits auf die neue Klientel eingerichtet haben. Zahlreiche neue Bungalows an den Uferböschungen der jeweiligen Ortsränder machen Lust auf eine Übernachtung.

Für uns endet die Flussfahrt in Nong Khiaw. Für die standardmäßig verlangten 10.000 Kip pro Person (1,10 Euro) bringt uns ein Tuk-Tuk von der Anlegestelle zum Busbahnhof. Natürlich ist um 15:45 Uhr der letzte Bus in Richtung Luang Prabang schon lange weg. Drei Mini-Vans warten aber noch auf Kundschaft. Wir sind nur noch zu fünft und teilen uns den Preis von insgesamt 500.000 Kip (55 Euro) für die vierstündige Fahrt. Es dämmert bereits, als wir die Baustelle von Damm #1 passieren. Von der Straße aus ist nicht viel zu erkennen. Hohe plakatierte Zäune versperren die Sicht und preisen die chinesisch-laotische Freundschaft. Der erzeugte Strom wird direkt nach China exportiert und kann von den Laoten bei Bedarf zurückgekauft werden. Offensichtlicher Dank für den Deal ist die zurückgelassene Infrastruktur für den Bau der Dämme, wie zum Beispiel eine moderne Brücke an jeder der Baustellen. Ein schwacher Trost für die Bevölkerung dieser Gegend, die in Zukunft nicht mehr ungehindert mit dem eigenen Boot den Fluss hinauf- oder hinunterfahren kann. Von den ausbleibenden Touristen ganz zu schweigen. Lediglich in Muang Khoua wird diese Einnahmequelle nicht ganz versiegen. Die Stadt liegt an der Verbindungsstraße zur Grenze nach Vietnam und bietet sich als Übernachtungsstopp auf dieser Route an.

Es ist bereits dunkel, als wir Luang Prabang erreichen. Damit endet der erste Teil unserer diesjährigen Reise. Nach dem Trip durch den Norden machen wir jetzt ein paar Tage Pause in der wunderschönen Stadt am Mekong.

Unterkunft:
Luang Prabang Legend Hotel
(Near Dara Market) Noradech Road, Ban That Luang, Stadtzentrum, Luang Prabang, Laos, 06000

 

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