Mit Musik geht alles besser

mm_2016-01-08-DSC_0015Allmählich erwacht der kleine Busbahnhof von Kengtung zum Leben. Es ist viertel nach Sieben und in einer dreiviertel Stunde wollen wir nach Tachilek aufbrechen, um von dort wieder einmal zu Fuß über die Grenze nach Thailand zu wechseln. Das Busticket haben wir bereits am Vorabend gekauft, jetzt benötigt der Busfahrer nur noch unsere Reisepässe, um die für die Durchreise benötigten Permits zu beschaffen. Deshalb mussten wir etwas früher da sein.

mm_2016-01-08-DSC_0020Vor dem Wartesaal hat bereits eine Nudelküche geöffnet und entlang der Querstraße warten einige Händler auf Kunden. Aus der Ferne dudelt Ludwig van Beethovens „Für Elise“ in einer synthetischen Dauerschleife. Der ambulante Eismann kann es nicht sein, der klingt in ganz Südostasien einheitlich anders mit seinem Langnese-Loop. Die Musik wird lauter. Sie kommt von einem LKW. Es ist die Müllabfuhr, die die Anwohner mit dem Klassiker auffordert, ihre Müllsäcke zur Straße zu tragen.

mm_2016-01-08-DSC_0021Drei angehende Mönche bitten um ihre morgendlichen Essenspenden. Zum Glück hat der kleine Laden mit dem üblichen Reisebedarf bereits geöffnet. Unter den stur geradeaus gerichteten Blicken der Novizen wandert eine Sojamilch in jede der schwarzen Trommeln. Zum Dank leiern sie ohne eine Miene zu verziehen routiniert die Dankesformel herunter und gehen weiter. Erst nach ein paar Metern untersuchen sie neugierig, was ihnen da von den Fremden fürs Frühstück gespendet wurde. Gaaanz breites Grinsen auf beiden Seiten.

mm_2016-01-08-DSC_0025Der Bus startet pünktlich um acht. 45 Minuten später bereits der erste Stopp in der Loi Mwe Hill Station. Die Hälfte der Fahrgäste strömt eilig zu den öffentlichen Toiletten. Der Tee zur morgendlichen Nudelsuppe fordert seinen Tribut. Derweil kühlt der Fahrer mit einem Gartenschlauch routiniert die Bremsen und wässert den Kühler. Merkwürdig, bis hierhin ging es doch bergauf?

Weiter geht es bergauf und bergab zum Teil durch enge Schluchten, vorbei an mal terrassierten, dann wieder dicht bewaldeten Tälern. Über dem Fahrer hängt ein großer Flachbildschirm. Gespielt werden DVDs mit Videoclips chinesischer Popmusik, schmalzige Balladen und Mitschnitte von Live-Konzerten, bei denen das Publikum brav auf den Stühlen sitzt und mit verklärten Gesichtern die Boys auf der Bühne anschmachtet. Man muss die Texte nicht verstehen. Die Spielszenen der Clips erklären alles. Es geht um unerfüllte Liebe und Sehnsucht, das Unverständnis der Eltern und Lehrer für die junge Generation.

mm_2016-01-08-DSC_0033Nach insgesamt zwei Stunden Fahrzeit ist die Hälfte der Strecke geschafft. Eine halbe Stunde Pause zum Bremsen kühlen und Essensstopp in Mong Phyak. Das Angebot der kleinen Garküchen und Verkäufer ist reichhaltig. Ob Frisches Obst, Nudelsuppe, Kartoffelchips oder getrocknete Maden und Rieseninsekten. Für jeden Geschmack ist der passende Snack zu haben.

Noch einmal geht es kurvenreich zwischen sanften Hügeln bergab. Die Straße verläuft jetzt am immer breiter dahinfließenden Sai River entlang, vorbei an Tarlay und kurz darauf Mong Lin. Hier wechseln frisch aufgeforstete Teak- und Bambus-Wälder mit Terrassen-Feldern für den Gemüseanbau. Auch das Unterhaltungsprogramm wird abwechslungsreicher. Im Angebot nun burmesischer Pop. Der ist rockiger, nicht ganz so süßlich wie die chinesischen Schlager zuvor.

Auf den letzten Kilometern haben sich die Berge endgültig zurückgezogen und weiten Reisfeldern neben der Straße Platz gemacht. Ein letzter Checkpoint zehn Kilometer vor Tachilek und dann haben wir die Grenzstadt erreicht. An der Busstation warten bereits mehrere Sammel-PickUps (Songthew). Sobald alle Plätze belegt und das Gepäck in den verbleibenden Lücken verstaut ist, rumpeln wir zur Grenze. Vorbei an Supermärkten, Klamottenshops, Juwelieren und einem großen Schappsladen. Rund um den Checkpoint hat sich ein großer Markt entwickelt, der von Burmesen und Thailändern mit Tagesvisum gleichermaßen frequentiert wird.

mm_2016-01-08-DSC_0041Im Vergleich zum Übergang bei Myawaddy nutzen viele Ausländer diese Grenzstation für den sogenannten Visa-Run. Kurz vor Ablauf des Thailand-Visums schnell mit einem Tagesvisum nach Myanmar und dann wieder mit neuem Visum zurück nach Thailand. Wie oft das gut geht? Der kanadische Zimmermann vor uns in der kurzen Schlange hat da bereits leichte Zweifel. Es ist sein drittes Mal, dass er so seinen Aufenthalt um weitere sechs Monate verlängert. Er hat Glück, es klappt auch dieses Mal.

th_2016-01-08-DSC_0053Hinter dem Checkpoint wartet bereits ein deutlich moderner Songthew als zuvor auf der anderen Seite. Für einen Fixpreis von 15 Baht (75 Cent) pro Person fährt er zum nächsten Busbahnhof. Da ist dann erstmal Schluss. Die nächsten drei Busse nach Chiang Mai sind bereits ausgebucht, erst um zwanzig Uhr wären noch zwei Plätze zu haben. Kurz entschlossen steigen wir für das erste Teilstück nach Chiang Rai in einen Minivan – in der Hoffnung dort schneller einen Anschluss zu bekommen.

Dumm gelaufen. Dort sind jetzt auch die Plätze für den letzten Bus des Tages nach Chiang Mai ausverkauft. Was tun, um den drohenden zusätzlichen Reisetag zu vermeiden? Zehn Minuten später sitzen wir in einem Taxi, das uns für umgerechnet 45 Euro zum 200 Kilometer entfernten Ziel bringt. Um 20 Uhr haben wir es geschafft – zwölf Stunden nach der Abfahrt in Kengtung. Unterwegs haben wir noch schnell für weniger als 5 Euro eine SIM-Card mit 500 MB Volumen gekauft. Der Fahrer will schließlich wissen, wo genau er uns hinbringen soll. Kein Problem, Zeit genug haben wir ja jetzt. Also suchen und buchen wir während der Fahrt übers Internet ein Hotel, in dem wir noch ein paar Tage relaxen wollen…

Unterkunft:
Ketawa Stylish Hotel
121/1 Charoenmuang Soi1 / Bumroongraj Soi2, T.Wat Gate, A. Muang, Nawarat, Chiang Mai, Thailand

 

 

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