Auf Ochsenkarren zum Buddhismus

my_2015-12-27-DSC_0114Nach einem späten Frühstück in einer Teestube am Wegesrand machen wir uns auf den Weg nach Magway. Die Landschaft ist anfangs noch hügelig, wird aber zunehmend flacher. In der Gegend von Taungdwingyi werden hauptsächlich Mais, Sesam, Erbsen und Erdnüsse angebaut. Vereinzelt findet man auch Baumwollfelder. Soweit alles wie erwartet. Geplant ist ein geruhsamer Reisetag. Lediglich mit einem Abstecher zu den Ruinen von Beikthano, einer der drei zum Weltkulturerbe erklärten Städte aus der Pyu-Ära. Doch soweit kommen wir nicht…

my_2015-12-27-DSC_0052Als wir durch den 2280-Einwohner-Ort Thit Yar Kauk fahren, weckt ein geschmückter Ochsenkarren unser Interesse. Er biegt von der Hauptstraße in einen Feldweg und wir folgen ihm. Nach wenigen Metern sind wir am Ziel, genauer gesagt am Ende. Der Sandweg ist nur für Ochsenkarren oder Allradfahrzuge passierbar. Definitiv nichts für unseren Mini-Van. Aus der Ferne ist Musik zu hören, die typischen Klänge glockenartiger Gamelan ergänzt von Trommeln und quäkenden Blasinstrumenten. Also geht es zu Fuß weiter.

my_2015-12-27-DSC_0025Hinter der nächsten Biegung stehen nicht nur einer, sondern gleich fünf geschmückte Ochsenkarren vor einem der typischen Gehöfte dieser Gegend. Die Musiker haben neben dem Tor Stellung bezogen. Der Grund für die Festlichkeiten ist schnell erraten: Wir haben mal wieder eine Initiations-Zeremonie für junge Novizen gefunden.

Kyaw erklärt uns: Sobald ein Junge die Namen der sogenannten „Drei Juwelen“ verständlich aussprechen kann, ist er in der Lage, sich zur buddhistischen Lehre zu bekennen. Die Drei Juwelen bezeichnen im Buddhismus Buddha, die Buddha-Lehre (Dharma) und die Gemeinschaft der Erwachten (Sangha).

my_2015-12-27-DSC_0065Für acht Jungs des Dorfs im Alter von drei bis vierzehn Jahren aus vier Familien ist heute der große Tag gekommen: Auf sie wartet die zweitägige Zeremonie der „Zuflucht zu den Drei Juwelen“, bei der sie sich der Außenwelt gegenüber zum Buddhisten erklären. Da damit ein zeitlich, meist auf eine Woche begrenzter Aufenthalt im Kloster verbunden ist, bietet die schulfreie Ferienzeit nach Weihnachten eine gute Gelegenheit. Am ersten Tag werden die angehenden Novizen festlich wie einst Prinz Siddhartha Gautama gekleidet und von der Dorfgemeinschaft in das nahegelegene Kloster begleitet. Dort folgt die Einweisung durch den Abt. Nach einem Essen mit der Dorfgemeinschaft übernachten die Jungs bereits im Kloster. Am nächsten Morgen werden ihnen die Haare vom Kopf rasiert, sie legen die Mönchsgewänder an und werden als Novizen in die Gemeinschaft der Mönche aufgenommen.

my_2015-12-27-DSC_0034Als wir den Hof betreten, werden gerade die letzten beiden Jungs mit den traditionellen Kostümen eingekleidet, Spiderman-T-Shirts verschwinden unter bonbonfarbenen Blusen. Mit viel Schminke erhalten die Gesichter die weichen Züge des verwöhnten Prinzen, der einst dem süßen Leben am Hofe abschwor und als „Erwachter“ (Bhudda) mit seinen Lehren die Weltreligion des Buddhismus begründete. Irgendwie sind den Jungs Kostüme und Kosmetik nicht ganz geheuer, wie ihren Gesichtern deutlich anzusehen ist.

my_2015-12-27-DSC_0108Dann geht es auch schon los. Die Prozession zum Kloster setzt sich in Bewegung. Zwei Gong- oder Glockenträger bilden die Spitze, gefolgt von der Trägerin eines Silbergefäßes mit den Geldspenden sowie dem Träger einer vergoldeten Buddha-Statue, der wiederum  von zwei Schirmträgern umrahmt wird. Nach den Fahnenträgern folgen die übrigen Gäste mit den Geschenken für das Kloster. Den Schluss bilden die geschmückten Ochsenkarren, auf denen die angehenden Novizen von ihren Eltern begleitet werden, sowie die Musiker.

my_2015-12-27-DSC_0160Kurz hinter dem Ortsausgang befindet sich das Kloster. Im Obergeschoss des Versammlungshauses wartet bereits der alte Abt. Als kleine Stärkung für den zuvor zurückgelegten 10minütigen Weg erhalten alle einen kleinen Snack aus frittierten Nudeln und Tee-Salat. Sobald die Gesellschaft auf den Bastmatten im Schneidersitz Platz genommen hat, beginnt der alte Mönch im Wechsel mit den Anwesenden mit der traditionellen Formel der „Zufluchtnahme“, dem buddhistischen Glaubensbekenntnis: „Ich nehme Zuflucht zum Buddha. Ich nehme Zuflucht zum Dharma. Ich nehme Zuflucht zum Sangha. Zum zweiten Male nehme ich Zuflucht zum Buddha … Zum dritten Male nehme ich Zuflucht zum Buddha…“

my_2015-12-27-DSC_0165Damit ist der offizielle erste Teil auch schon beendet. Im Untergeschoß des Versammlungsraums wartet bereits das große gemeinschaftliche Essen. Es gibt eine klare Suppe, Bohnensprossen-Salat mit Frühlingszwiebeln, zweierlei Curry aus Trocken-Shrimps (mit und ohne Chili) sowie Reis. Einfach, aber sehr schmackhaft. Natürlich dürfen wir auch hier nicht Nein-Sagen und werden an einen Tisch bei den Mönchen gesetzt.

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Auch dem anschließenden allseitigen Fotografieren können und wollen uns wir nicht entziehen. Gleiches Recht für alle. Diesmal sind wir die begehrten Fotomotive und wer weiß-wie-viele Selfies mit uns werden noch heute Abend in zahlreichen burmesischen Facebook-Timelines auftauchen…

Unterkunft:
Nan Htike Thu Hotel
Strand Road, Magway

 

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