So einfach hatten wir es uns dann doch nicht vorgestellt. Am Busbahnhof müssen wir zwar zunächst noch 2 Stunden warten, weil der im Internet angekündigte stündliche Bus erst um zehn vor 12 Uhr planmäßig abfährt. Doch dann geht es Schlag auf Schlag: Mit dem Bus von Sukhothai in die Provinzhauptstadt Tak und dort ohne weiteren Aufenthalt gleich weiter mit einem Mini-Van zur thailändischen Grenzstadt Mae Sot. Der Kleinbus entlässt uns am Rand eines verwaisten Fleischmarkts, von Sammeltaxis oder Tuk Tuks für den Transport zur Grenze erstmal keine Spur. Diese wären jetzt an einem anderen Markt, 2-3 Blocks entfernt zu finden. Also Rücksäcke auf die Schultern und ab durch die Hitze.
Zum Glück wartet bereits nach der dritten Biegung ein freundlicher Tuk-Tuk-Fahrer namens Phuk. Für 100 Baht bringt er uns bis an das Zollhäuschen an der Freundschaftsbrücke. Es sind nur eine Handvoll Ausländer, die um diese Zeit die Grenze passieren wollen, also null Wartezeiten für die Formalitäten. Und wie schon bei der Ausreise in Richtung Thailand vor zwei Jahren, dürfen wir den Weg über die Brücke zur Einreise zu Fuß zurücklegen. 15 Minuten später sitzen wir in der klimatisierten Abfertigungshütte und freuen uns über die verdutzten Zöllner, die das Richtige aus mittlerweile drei Myanmar-Visas raussuchen müssen. Und noch während der letzte Stempel in den Reisepass knallt, kommt ein weitere Burmese in den Raum, diskutiert kurz mit den Beamten und fragt uns lächelnd, ob wir heute noch weiter fahren wollen. Dank der neuen Straße über den Berg könne man Hpa An jetzt in drei Stunden erreichen – vor zwei Jahren waren es noch 6 Stunden…
Es ist 16 Uhr und wir beschließen spontan, den ursprünglich geplanten Aufenthalt in der Grenzstadt Myawaddy zu überspringen und gleich nach Hpa An durchzustarten. Der freundliche Schlepper bringt uns umgehend zu einem SUV unweit des Grenzübergangs. Dort warten bereits 3 Mädchen aus Israel, die ebenfalls noch heute über den Berg wollen. Also alles einsteigen, 10 Dollar pro Person an den Vermittler zahlen und los geht’s. Der Fahrer muss nur noch schnell zu Hause vorbeifahren und seiner Frau Bescheid geben, dass es heute wohl etwas später wird – Anrufen war gerade irgendwie nicht möglich, da sein Handy den Dienst verweigerte. Apropos Empfang: Bei sämtlichen Myanmar-Reisen bekam man mit dem eigenen Handy nur über WiFi eine Verbindung ins Internet. Jetzt gibt es offensichtlich ein Roaming-Abkommen mit einem örtlichen Anbieter (MM 900), wie eine entsprechende SMS verrät: Telefonieren 2,99 EUR pro Minute, Gespräche empfangen 1,99 EUR pro Minute. Muss nicht sein, ist aber im Fall der Fälle eine Möglichkeit, die es in den Jahren zuvor nicht gab.
Die Fahrt über die gut ausgebaute Schnellstraße geht flott voran. Die Strecke über den Berg ist in rund einer Stunde geschafft – dreimal so schnell wie beim letzten Mal. Ende der Ausbaustrecke. Es geht wieder weiter wie gewohnt. Der jämmerliche Zustand der Straße für die nächsten 2,5 Stunden auf der Hochebene bis Hpa An ist unverändert. Allerdings wird die Fahrbahn wieder fleißig ausgebessert und zum Teil auf „echte“ zwei Spuren verbreitert.
Nach einem kurzen Essensstopp auf halber Strecke erreichen wir gegen 20.30 Uhr Hpa An. Das Soe Brothers, das Lieblings-Hostel der Backpacker, ist erwartungsgemäß ausgebucht. Kein Problem, denn zwei Blocks weiter sind noch drei weitere Guest Houses. Jetzt müssen wir nur noch einen Geldautomaten zum Wechseln finden. Das gestaltet sich allerdings schwieriger als erwartet. Die erste ATM mag keine westlichen Kreditkarten, die zweite würde sie zwar akzeptieren, ist aber offensichtlich leer. Wir sind hungrig und müde. Es soll noch eine dritte Bank geben. Die Richtungsangaben sind freilich nicht eindeutig. Beim dritten Nachfragen an einer kleinen Garküche vor den geschlossenen Geschäften einer Hauptstraße siegt der Hunger. Konge, der Betreiber des fliegenden Restaurants nimmt auch thailändisches Geld.
Die gebratenen Nudeln mit Huhn schmecken köstlich und wir kommen mit Konge ins Gespräch. Er spricht sehr gut Englisch, sein Vater ist Lehrer und lebt mit der übrigen Familie am Inle-See. Konge würde seine Eltern gerne besuchen, das letzte Mal ist 7 Jahre her. Aber er ist Moslem – wie 20% der Einwohner von Hpa An. Seit zwei Jahren gilt für sie die Residenzpflicht. Moslems dürfen in ganz Myanmar ihre Heimatstadt nicht verlassen. So bleibt dem Sohn nur der Kontakt über Telefon und Skype zu den Eltern.
Tagsüber arbeitet der zweifache Familienvater als Schneider, abends wird er zum Gastronom. Viel zurücklegen kann und konnte er nicht. Sein über die Jahre gespartes Geld ging für das Ausrichten seiner Hochzeit drauf. Aber das sei nicht so schlimm. Stolz erzählt er uns von seiner Frau und den zwei Kindern…
Als wir schließlich unser Essen in Baht bezahlen wollen, ist er mit unserem Umrechnungskurs für die zwei Mahlzeiten samt Getränke nicht einverstanden. Er meint, 200 Baht (5 Euro), sind viel zu viel. Also drängt er uns noch eine Dose Cola und einen Energie Drink auf, damit alles ins richtige Verhältnis kommt. Da ist sie wieder, die burmesische Gastfreundschaft…
Das Innehalten während der Fahrt über die Berge tat uns gut. Immer wieder schweiften unsere Gedanken nach Deutschland, wo um diese Zeit gerade die Beerdigung meines Vaters stattfand. Unsere Reise konnte nicht mehr verschoben werden, den Flug hatten wir vor einem halben Jahr gebucht und der Tarif ließ keine Änderungen zu. Wir konnten jedoch noch zwei Wochen zuvor ein schönes Wochenende gemeinsam mit ihm verbringen…
Unterkunft:
Golden Sky Hotel, 2 West Thidar Ward, Hpa An, Myanmar